Zwei Segelflieger fliegen einen 1000er

von Norbert Max

1000 km NonStop von Rostrup und zurück

Wie weit und wie lange können Segelflugzeuge eigentlich fliegen?Oliver Springer und Thomas Bonsack, seit ihrer Kindheit befreundet, beide Fluglehrer seit 1985, begannen ihr fliegerisches Segelflug-Leben 1981 bzw. 1979. Seither hat jeder von den beiden mehr als 4000 Flugstunden angesammelt.

Der 14.05.2020 wurde bereits durch spezielle Wetterberichte für Segelflieger als verheißungsvoll vorhergesagt. Beide Piloten waren schon früh am Platz, denn jedem ersten Start am Tage geht ein gründlicher intensiver Check des Fluggerätes und der Ausrüstung voraus. Zum Teil muss das Segelflugzeug auch erst noch aus dem Anhänger genommen und zusammen gesteckt werden, was wiederum bei einem Kunststoffeinsitzer recht schnell geht (15 – 30 min ohne Check).

Oliver machte sich einen Arcus M Doppelsitzer vom Hersteller Schempp-Hirt mit 20 m Spannweiter fertig, Thomas eine ASG 29E vom Hersteller Alexander-Schleicher mit 18 m Spannweite. Beides Spitzenflugzeuge mit Gleitzahlen von um die 50, d.h. aus 1000 m Höhe können diese Flugzeuge 50 km weit ohne Thermikeinfluss gleiten.

Oliver startete um 09:28 Uhr Rostrup Ortszeit, Thomas 6 min später.

Der Flug führte die beiden zunächst ein Stück nach Süden, um an der Bremer Kontrollzone vorbei zu kommen. Anschließend ging nach es nach Mecklenburg Vorpommern, in die Nähe von Güstrow, bzw. kurz vor Anklam, dann runter in die Nähe von Kassel und damit an die Wettergrenze des Tages. Eigentlich wollten die beiden weiter nach Süden, ging aber nicht. Um die 1000 km Strecke voll zu machen (durch moderne Bordcomputer lässt sich das jederzeit ablesen, die gibt es in unserem Verein in jedem Kunststoff Segelflug), mussten die beiden auf dem letzten Dreiecks-Schenkel „jojon“, also nochmal 50-60 km zurück fliegen, um die fehlenden 100 km Strecke zu vollenden.

Noch nie sind aus dem thermisch eher benachteiligten Nordwesten solch große Flüge gemacht worden und sie sind selbst in deutlich besseren Gegenden immer noch eine große Besonderheit. Das ungewöhnliche an dem Tag war das großräumig gute, homogene Wetter im Norden Deutschlands und der frühe Beginn der Thermik. Für solch große Flüge braucht man mindestens 10 h Flugzeit, wenn es gut läuft. Das bedingt einen Start morgens um 9:30 Uhr. Nur dann verbleibt bis zum Thermikende gegen 19:30 Uhr, genügend Zeit, um eine solche Strecke möglich zu machen. Zudem muss man einen Geschwindigkeitsdurchschnitt von mindestens 100 km/h anstreben,  was im Segelflug gar nicht so selbstverständlich ist. Denn hin und wieder muss man auf der Stelle in der Thermik kreisen, um wieder „Höhe zu tanken“. Solche Flüge sind nur im Mai und Juni an den langen Tagen möglich. Die Wetterlagen sind sehr, sehr selten – im letzten Jahr gab es nicht eine!

Beide hätten sich zu Beginn ihrer Fliegerei nicht träumen lassen, eine Streckenflug  mehr als 1000 km von Rostrup und zurück durchzuführen. Zu Beginn ihre Karriere  waren 500 km Streckenflüge schon eine absolute Seltenheit!

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